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Gerhard von Graevenitz
André Thomkins

Gerhard von Graevenitz (1934–1983) gehört zur jüngeren Generation konstruktiv-konkreter Künstler. Prägend für sein Werk sind Gestaltungsprinzipien wie Reihung, Progression, Struktur und Zufall. Sichtbar wird dies bereits an den Objektreihen der Weißen Strukturen und Rasterbilder, die von Graevenitz ab 1958 noch während seines Studiums in München konzipiert. 1961 Mitbegründer der Neuen Tendenzen entwickelt er mit Betonung des Prozesshaften eine bewegte, kinetische Kunst, die er als Wahrnehmungsforschung versteht.

Von Graevenitz fordert die aktive Publikumsbeteiligung heraus. Die bei uns gezeigten kinetischen Objekte (datiert 1975/76) stehen exemplarisch für eine ab Mitte der 1960er Jahre einsetzende Reduktion auf wenige sich bewegende Elemente vor geometrischer Grundform: Schwarze Stäbe bewegen sich auf einem weißen Quadrat – unabhängig voneinander und so langsam, dass der Betrachter das stets neu entstehende, durch den Zufall generierte Gesamtbild wahrnehmen kann.

Der Schweizer André Thomkins (1930–1985) zählt zu den außergewöhnlichsten künstlerischen Positionen der Nachkriegszeit. Seit 1952 in Deutschland ansässig, schafft er – mit großer Experimentierfreude und dem jugendlichen Berufswunsch »Architekt für phantastische Gebäude« – ein vielfältiges Werk, das sich der kunstgeschichtlichen Einordnung widersetzt. Inspiriert von Surrealismus, DADA und Pittura Metafisica entstehen Gemälde, unzählige Zeichnungen und Aquarelle, aber auch Objekte aus Alltagsfundstücken wie Gummibändern, Knöpfen oder Zeitungsausschnitten. Darüber hinaus entwickelt Thomkins ab Mitte der 1950er Jahre sehr eigene künstlerische Techniken, die ihn in die Nähe des zeitgenössischen Informel und Abstract Expressionism rücken.

Gerade diese eher experimentellen Werke stellt unsere Ausstellung in den Vordergrund: Ein komplettes Set mit 27 sogenannten Scharnieren, wichtige Lackskins der 1960er Jahre, ein Rapportmuster und die kleineren Rollagen kehren sehr klar Thomkins' sehr eigene Bildsprache hervor.

Ausstellung in Berlin: 24. Februar–13. April 2023